Wolkenspiegelung in Fensterscheiben
Foto: © Penny Mayes (Creative Commons by-sa 2.0)Vögel sehen anders als Menschen. Transparente und reflektierende Glasflächen nehmen sie kaum wahr und können sie nicht als Hindernis erkennen. Wenn sie im Flug dagegen prallen, dann verletzen sie sich oft schwer oder kommen sofort durch Genickbruch zu Tode.
Untersuchungen in den letzten Jahren haben gezeigt, dass Glasscheiben – nach der allgemeinen Lebensraumzerstörung und noch vor dem Straßenverkehr – vermutlich die häufigste menschengemachte Todesursache bei wild lebenden Vögeln in Europa darstellen.
Landschaftsspiegelung in Fensterscheiben
Foto: © Hugh Chevallier (Creative Commons by-sa 2.0)Glas wird schon lange für Fenster verwendet. Große Flachglasscheiben fanden aber erst im 20. Jahrhundert weite Verbreitung. Dann hielten u.a. Wärmedämmverglasung und Verbundglas Einzug in die moderne Architektur. Sie ermöglichten den Bau fast vollständig von Glas geprägter Fassaden („Glasarchitektur“) sowie diverser anderer Glaselemente (durchsichtige Lärmschutzwände, Fahrradunterstände usw.).
Transparente Glasscheiben eines Bushaltestellen-Wartehäuschens, auch für Menschen kaum erkennbar
Foto: © GeorgHH (gemeinfrei verwendbar)Problematisch sind transparente und saubere Scheiben, weil durch sie hindurch dahinter liegenden Landschaftselemente, der Himmel oder auch „Zimmerpflanzen-Gebüsche“ ungetrübt zu sehen sind. Dies ist u.a. bei vielen Wintergärten, Balkonen oder gläsernen Wartehäuschen der Fall. – Auch Menschen kennen dieses Problem, wenn sie z.B. Glastüren moderner Geschäftsgebäude nicht rechtzeitig erkennen und dagegen laufen.
Reflektierende Glasfassade eines Bürogebäudes
Foto: © Roland zh (Creative Commons by-sa 3.0)Ebenso problematisch sind viele getönte und alle spiegelnden Scheiben, die die davor befindliche Umgebung oder den Himmel reflektieren. Bei bestimmten Lichtverhältnissen kann es außerdem zu Blendeffekten kommen (direkte Sonnenreflexion). Vögel erkennen die Spiegelung nicht als solche und fliegen auf die vermeintlich freie Landschaft und das helle Licht zu. Besonders große und südexponierte Glasfassaden sind daher regelrechte „Vogelfallen“.
Junges Rotkehlchen, Verkehrsopfer (durch Straßenverkehr getötet)
Foto: © Snowmanradio (Creative Commons by-sa 3.0)Wenn ein Vogel vor eine Scheibe fliegt, dann hören Sie oft ein lautes Aufprallgeräusch. Die meisten Vögel sind sofort tot. Ihre Körper werden meist schnell von anderen Tieren verschleppt, so dass höchstens ein paar Federn am Ort des Geschehens verbleiben.
Einige Vögel können die Kollision überleben. Etliche von ihnen sterben dennoch kurz darauf (innerhalb der nächsten Stunden oder Tage), v.a. an inneren Blutungen. Ausführliche Informationen zu typischen Verletzungen gibt es bei der →Wildvogelhilfe.
Sichtbar verletzte Vögel (gebrochene Flügel o.ä.) haben meist auch schwere innere Verletzungen. – Legen Sie den Vogel vorsichtig in einen Karton mit Luftlöchern und bringen ihn umgehend zu einem Tierarzt. Dieser muss dann entscheiden, ob und wie zu helfen ist. Die Heilungschancen sind in vielen Fällen leider nur gering.
Äußerlich unverletzte Vögel hocken oder liegen erstmal ziemlich benommen auf dem Boden, haben eine Art Schock, flüchten nicht und atmen sichtbar schwer. Teils haben sie den Schnabel permanent geöffnet. Sie haben fast immer eine Gehirnerschütterung. Dieser reglose Zustand kann mehrere, meist 1–2 Stunden anhalten, ehe der Vogel sich „berappelt“ und dann (oft recht plötzlich) davon fliegt.
Was zu vermeiden ist:
Was zu tun ist:
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Vogeltod („Vogelschlag“) durch Glasflächen zu vermindern.
Immer noch verbreitet sind einzeln angebrachte Greifvogelsilhouetten – allerdings sind diese weitgehend wirkungslos. Vögel erkennen in solchen Aufklebern offenbar keine Feinde; schließlich bewegen sie sich nicht. Genauso gut kann man also ein Elefantenbild ans Fenster kleben. Die Flecken werden unabhängig vom Motiv nur allgemein als kleinflächige Hindernisse wahrgenommen, und die Vögel fliegen knapp daneben gegen die Scheibe.
Einfache Maßnahmen, die jeder umsetzen kann:
Im Handel werden außerdem diverse Hilfsmittel (u.a. Klebestreifen, Klebefolien, spezielle Filzstifte, Schutznetze) sowie Spezialglas angeboten. Häufig wird dabei die Tatsache genutzt, dass viele (aber nicht alle) Vogelarten im ultravioletten (UV) Bereich sehen können, Menschen hingegen nicht. Die Wirksamkeit einiger dieser Produkte ist umstritten, u.a. weil eben nicht alle Vögel den UV-Bereich wahrnehmen können.
Die folgenden Publikationen bieten nähere Informationen:
Einige fachliche Hintergründe gibt es u.a. bei der →Wiener Umweltanwaltschaft.
Blaumeise an einem Spiegel beim Versuch, einen vermeintlichen Konkurrenten zu vertreiben
Foto: © Miika Silfverberg (Creative Commons by-sa 2.0)Manchmal kommt es vor, dass ein Vogel immer wieder an eine Fensterscheibe pickt („klopft“) und stundenlang aggressiv vor dem Glas herum flattert. Dieses Phänomen tritt bei vielen Vogelarten auf – üblicherweise in der Brutzeit, nur selten (bei Rabenvögeln) auch darüber hinaus. Betroffen sind insbesondere Fenster von Wohnhäusern in Gärten, die einem Vogelpaar als Brutrevier dienen, aber auch Rückspiegel und getönte Scheiben von Fahrzeugen, die in der Nähe eines Brutplatzes geparkt sind.
Ursache ist bei reflektierenden Glasscheiben, dass ein Tier in seinem eigenen Spiegelbild einen Konkurrenten erkennt und diesen aus seinem Revier zu vertreiben versucht. Da Spiegelungseffekte von der Besonnung abhängig sind, tritt „Spiegelfechten“ in der Regel nur zu bestimmten Tageszeiten auf.
Durch ihr Verhalten verletzen sich die Vögel normalerweise nicht. Sie sind jedoch hohem Stress ausgesetzt. Aus menschlicher Sicht lästig sind Verschmutzungen und (selten) Schäden an Fensterleisten und Dichtungen, die durchs Festkrallen und Bepicken entstehen können (zumindest bei größeren Vögeln und empfindlichen Materialien). Teilweise wird auch das Klopfen selbst als störend empfunden, gerade in den frühen Morgenstunden an Schlafzimmerfenstern.
In den meisten Fällen stellt der kämpfende Vogel sein Verhalten nach einigen Tagen oder Wochen von selbst wieder ein und das Problem tritt in den Folgejahren nicht erneut auf. Für die meisten Menschen bleibt dieses Verhalten daher ein einmaliger „Spuk“. Nur in Einzelfällen erweisen sich bestimmte Fenster als regelrechtes Dauerproblem (mehrjährig, unterschiedliche Vögel).
Kurzfristige Abhilfe schaffen alle Maßnahmen, die die ursächliche Spiegelung an der Fensteraußenseite unterbinden. Neben dauerhaften und/oder kostenträchtigen Lösungen (Schutznetze, Vogelschutzfolien, Klebestreifen, im Extremfall Einbau anderer Fenster) bieten sich folgende Tipps für den ersten „Hausgebrauch“ an:
Probieren Sie es aus. Abhängig von den örtlichen Gegebenheiten kann es eventuell zu Ausweichverhalten kommen und der Vogel macht an einem benachbarten Fenster weiter. Dann müssen Sie auch dort entsprechend vorgehen.
Bund für Vogelschutz und Vogelkunde e.V. Herdecke und Hagen
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